So lässt sich ein Unterbiss korrigieren
06.07.2023Stehen die unteren Schneidezähne vor den oberen, sprechen Kieferorthopäden von einem Unterbiss. Oft ist er erblich bedingt. Mit verschiedensten Behandlungsmöglichkeiten lässt sich dieser Fehlstellung, die schon Kindergartenkinder betreffen kann, entgegenwirken.
Was ist ein Unterbiss?
Bei einem Unterbiss sind die Schneidezähne des Unterkiefers vor jenen des Oberkiefers positioniert – also umgekehrt wie eigentlich üblich. Auch die Seitenzähne treffen nicht optimal aufeinander. Der Unterkiefer steht zu weit vor. Im seitlichen Profil des Patienten fällt oftmals das Kinn als besonders markant auf. Kieferorthopäden bezeichnen diese Fehlstellung auch als Progenie.
Wie entsteht ein Unterbiss?
Für einen Unterbiss ist ursächlich, dass der Oberkiefer sich zu schwach oder der Unterkiefer sich zu stark entwickelt hat. Manchmal treffen auch beide Faktoren zusammen. Im Gegensatz zu vielen anderen Anomalien wie dem offenen Biss und dem Überbiss spielen beim Unterbiss die Gene eine weitaus einflussreichere Rolle. Aufgrund der erblichen Veranlagung ist es während der Anamnese daher auch wichtig zu berücksichtigen, ob ein Elternteil einen Unterbiss hatte oder hat. Bestimmte Verhaltensweisen wie Lutschen an Daumen oder Schnuller können sich dann zusätzlich auf die Entwicklung des Unterbisses auswirken. Patienten mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte sind manchmal ebenfalls betroffen, da aufgrund operationsbedingter Narben der Oberkiefer im Wachstum gehemmt sein kann.
Welche gesundheitlichen Auswirkungen bringt ein Unterbiss mit sich?
- Ein Unterbiss kann zu verschiedenen Beeinträchtigungen führen:
- Das Abbeißen und Kauen ist erschwert, da die Zähne nicht optimal positioniert sind.
- Die Fehlstellung wirkt sich auch auf die Umspülung der Zähne mit Speichel aus – ein wichtiger Schutz vor Karies.
- Die unteren Schneidezähne sind bei einem Unfall weniger geschützt.
- Die Nasenatmung ist möglicherweise erschwert.
- Der Unterbiss kann die Aussprache beeinträchtigen.
- Im vergrößerten Unterkiefer bilden sich Lücken, während es im Oberkiefer an ausreichend Platz für die Zähne mangelt.
- Rein ästhetisch können Patienten die Dominanz von Unterkiefer bzw. Kinn als störend empfinden.
- Manche Betroffene klagen über Schmerzen an Kopf oder Kiefer.
Wie wird ein Unterbiss behandelt?
Die Behandlung hängt individuell von der Schwere des Unterbisses, der Ausprägung von Unter- und Oberkiefer sowie dem Alter des Patienten ab. Bei Kindern ist vorteilhaft, dass das Wachstum genutzt werden kann. Ziel der kieferorthopädischen Therapie ist es, die Entwicklung des Oberkiefers anzuregen bzw. die des Unterkiefers zu hemmen und insgesamt eine normale Zahn- und Kieferstellung herbeizuführen.
In der Behandlung werden herausnehmbare Zahnspangen, sogenannte FKO-Geräte und aktive Platten, eingesetzt. Je nach Ausprägung können auch feste Spangen mit Brackets sinnvoll sein. Soll sich der Oberkiefer verbreitern, kommt ein Gerät zur Gaumennahterweiterung infrage. Darüber hinaus bestehen weitere Behandlungsmöglichkeiten in der Nutzung einer Außenspange, einer sogenannten Delaire-Maske, durch die das Wachstum des Oberkiefers gefördert werden soll. Nach einer entsprechenden Vorbehandlung können die verbleibenden Zahnfehlstellungen mit Alignern oder Brackets behandelt werden.
Bei Erwachsenen reicht eine Behandlung mittels Zahnspange dann nicht aus, wenn der Unterbiss durch die Stellung des Kiefers und nicht allein der Zähne bedingt ist. Für diese Patienten ist eine Operation, verbunden mit einer kieferorthopädischen Therapie, in der Regel die einzige Möglichkeit, den Unterbiss zu beheben.
Ein Unterbiss zeigt sich oftmals bereits im Kindesalter, teilweise sogar schon im Milchgebiss. Ist ein Elternteil betroffen oder zeigen sich erste Hinweise auf diese Fehlstellung, sollte dies frühzeitig beim Kieferorthopäden abgeklärt und die Progenie bei Bedarf behandelt werden.
Quellen:
- Das Gesundheitsportal medondo.health
- S3-Leitlinie „Ideale Behandlungszeitpunkte kieferorthopädischer Anomalien“
- KZBV: Häufige Fehlstellungen